Von einer Essstörung zu heilen bedeutet „nass zu werden“

Recovery bedeutet nass zu werden und sich mit voller Kraft in die Wellen zu werfen.

Als ich neulich am Meer stand und testen wollte, wie warm das Wasser ist, OHNE nasse Füße zu bekommen, fiel mir eine Parallele auf:

Ich wollte das Wasser spüren, aber ich wollte nicht nass werden, denn mit nassen Schuhen wird’s ungemütlich.
Ebenso wie ich ein paar Jahre zuvor recovern wollte, ohne etwas Unangenehmes zu fühlen.

Ich wollte Freiheit von meinen selbstzerstörerischen Gedanken.
Ich wollte Zufriedenheit, innere Fülle und Wärme statt Mangel.
Ich wollte mich endlich selbst annehmen, vielleicht sogar lieben können, strahlen und endlich ohne Schuldgefühle alles essen, was ich will.
Ich wollte auf gesündere Weise mit meinen Gefühlen umgehen, mich sicher und geborgen fühlen.

ABER: Ich wollte NICHT zunehmen, ich wollte die Gefühle, die plötzlich auftauchten, weil ich sie nicht mehr mit Verhaltensweisen unterdrückte, nicht fühlen. Ich wollte lieber vor meinen Ängsten weglaufen, als mich ihnen zu stellen und durch sie hindurchzugehen.

Und genau so begann ich auch meine Recovery.
Ich nahm mir etwas vor, aber ich hielt nur meine Finger oder eine Zehe ins Wasser: Ich aß mehr, kompensierte aber mit Bewegung dagegen. Ich stellte mich einem Fear Food und ließ etwas anderes dafür weg. Damit wurde ich zwar nicht wirklich nass, aber auch nicht gesund. Dieses Verhalten führte mich direkt in die Quasi-Recovery.

Erst als ich begann mich in die Wellen zu werfen und zu fühlen, begann meine wahre Recovery. Ich wurde nass, von Kopf bis Fuß. Mal haben mir die Wellen den Boden weggezogen, aber ich entwickelte Fähigkeiten und begriff, dass ich schwimmen kann und nicht untergehe. Dadurch wurde ich stärker. Und eine neue, gesünderen und vor allem gestärkte Version von mir stieg am Ende des Prozesses aus den Wellen.

Alle Fähigkeiten, die ich in der Recovery entwickelt habe, nutze ich auch heute noch, sowohl für mich selbst, als auch für meine Coachees. Es geht um so viel mehr, als einfach „nur“ keine Essstörungsverhaltensweisen mehr zu haben. Wir erschaffen uns mit der Recovery ein Leben, in dem wir nicht nur „nicht untergehen“, sondern in dem wir die Wellen reiten, auf ihnen surfen, untertauchen und die Schönheit und Schätze des Meeresbodens – vielleicht zum ersten Mal – wirklich erkennen. ❤️🐚

 

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