Wie viele Mahlzeiten sind „normal“

Was ist eigentlich „normal“?

In der Recovery suchen wir ständig nach Orientierung. Unserem eigenen Körper vertrauen wir noch nicht und die Empfehlungen der Gesellschaft und von Ernährungsexperten schwanken ebenfalls. Nehmen wir z.B. das Thema Mahlzeiten.
Je nachdem wen man fragt, erhält man die Antwort: Drei größere oder 5 kleinere Mahlzeiten. Das sind nicht nur ziemlich schwankende, sondern auch sehr relative Orientierungen. Was bitte ist „groß“ und was „klein“?

Was passiert, wenn dein Körper über längere Zeit zu wenig Kalorien bekommt?

Wenn dein Körper lange Zeit im Mangel war, hat er womöglich auch seine Hunger- und Sättigungssignale eingestellt. Hunger zu senden kostet deinen Körper nämlich wertvolle Energie, die er im unterernährten Zustand nicht hat. Wenn du deinen Hunger übergehst, lernt dein Körper, dass es nicht sicher ist und du dich wahrscheinlich in einer großen Hungersnot befindest. Er kann ja nicht ahnen, dass du ihm „freiwillig“ nicht zukommen lässt, wonach er so sehr verlangt.
Seine logische Schlussfolgerung lautet: „Hey, wir lassen das mal mit den Hungersignalen und sparen uns die Energie für wertvollere Dinge, wie etwa deine Atmung“ Gleichzeitig drosselt er in diesem Notprogramm auch deinen Stoffwechsel, um so wenig wertvolle Kalorien wie möglich zu verbrennen. Dadurch wird auch deine Verdauung langsamer. Die Folge: Das wenige Essen, was du noch zu dir nimmst, bleibt länger im Verdauungstrakt, was wiederum ein anhaltendes Völlegefühl und Verstopfung mit sich bringt.

Regelmäßige Mahlzeiten in der Recovery

Wenn du dich gerade auf dem Weg aus der Essstörung oder einem gestörten Essverhalten befindest, dann ist das Wichtigste zunächst die Regelmäßigkeit und eine ausreichende Kalorienzufuhr wieder herzustellen. Dein Körper beschützt dich und sein höchstes Ziel ist dein Überleben. Auch wenn es oft schwerfällt das zu glauben, arbeitet dein Körper immer FÜR dich.
Erst wenn er dich wieder in Sicherheit wähnt, wird er seinen Stoffwechsel hochfahren und damit auch zuverlässige Hunger- und Sättigungssignale wiederherstellen. Um ihm diese Sicherheit zu geben ist es wichtig, dass du ihm zeigst, dass ihr der Hungersnot entkommen seid.
Wie?
Indem du ihm regelmäßig genug Essen zur Verfügung stellst. Auch deine Gelüste wollen hier berücksichtigt sein, denn wenn du dir nur „sichere“ oder „cleane“ Lebensmittel erlaubst, ist das immer noch eine Form der Restriktion und des Mangels. Dein Körper aber möchte dich im Schlaraffenland wissen, wo es alle Lebensmittel in Hülle und Fülle gibt. Um zu überprüfen, ob ihr dort angekommen seid, wird er dir möglicherweise auch Extremhunger schicken.

Die Recovery ist gerade zu Beginn extrem verwirrend.
Ich zum Beispiel hatte oftmals keinen Hunger und mein Essen steckte gefühlte sechs Stunden im Magen fest. Fing ich dann aber mit dem Essen an, wurde der Hunger zu meiner Überraschung oft ziemlich groß.
Dies war ein Zeichen dafür, dass mein Körper sich erst einmal versichert hat, ob es jetzt wirklich dauerhaft ausreichend Essen gibt. Deswegen ist es so entscheidend, diesem aufkommenden Hunger dann auch wirklich nachzugeben und nicht wieder die Bremse reinzuhauen, nur weil die „normale“ Portion auf dem Teller ja aufgegessen ist. Wenn du also merkst, dass du auf einmal noch mehr Hunger hast, dann iss!

Die Regelmäßigkeit in den Mahlzeiten hat meinem Körper geholfen, allmählich zu lernen, dass nun dauerhaft wieder genug Essen kommt.
Auch wenn ich zunächst keine Hungersignale empfangen konnte, habe ich alle zwei, längstens vier Stunden etwas gegessen.
Um eine gewisse Struktur und alle wichtigen Nährstoffe zu bekommen, habe ich drei feste Hauptmahlzeiten geplant. Je nachdem wie zeitig oder lange ich wach war, bin ich zusätzlich auf zwei bis drei Snacks gekommen.
Was sich am Anfang unglaublich viel angefühlt hat, wurde mit der Zeit mein neues „normal“. Dass mein Stoffwechsel sich aktivierte, merkte ich daran, dass ich auf einmal von allein Hunger bekam, wenn ich drei bis vier Stunden nichts essen konnte. Am Anfang machte mir dieser Hunger Angst, aber der gesunde Anteil in mir wurde ebenfalls stärker und ermutigte mich ihm auch wirklich nachzugehen. Ich fing an mir zu sagen: „Mega, wenn du Hunger bekommst, bedeutet das, dass dein Körper dir wieder vertraut. Jetzt könnt ihr als Team zusammenarbeiten.“

Vorteile von regelmäßigen Mahlzeiten

Gut zwei Jahre nach meiner vollständigen Recovery merke ich noch immer, dass mein Körper misstrauisch wird, wenn ich seinen Hungersignalen nicht nachgehe. Die Regelmäßigkeit, die sich inzwischen eingepegelt hat, beläuft sich in meinem Fall auf einen Essensrhythmus von circa vier Stunden – in meinem Fall also etwa vier, manchmal fünf kleineren und größeren Mahlzeiten am Tag. An meiner Verdauung, meiner Stimmung, meiner Konzentrationsfähigkeit, meiner gedanklichen Freiheit, meiner Energie und meiner Lebensfreude merke ich, wie gut mir diese lose Struktur tut, die ich nicht einmal bewusst steuern muss.
Ich brauche keine Orientierung im Außen mehr. Habe ich früher auf Instagram, YouTube und den Tellern von anderen Menschen nach der „perfekten“ Ernährung gesucht, weiß ich jetzt, dass ich diesen Halt nur in mir selbst und der Zusammenarbeit mit meinem Körper finden kann.

Das Wichtigste in Kurzform

Unsere Körper sind so einzigartig wie wir selbst. Falls du in diesem Artikel nach einer Orientierung für dich gesucht hast, dann möchte ich dich bitten, nicht einfach meinen Rhythmus zu übernehmen. Was für mich funktioniert muss für dich nicht unbedingt genau so funktionieren und das ist vollkommen okay und richtig so.
Es geht darum, deinem Körper die Sicherheit und das Vertrauen wiederzugeben, damit er dir wiederum zuverlässige Hunger- und Sättigungssignale senden kann.
Das braucht etwas Zeit und Übung, aber du wirst auf diesem Weg mehr und mehr zu dir selbst finden.
Auch in meiner Instagram-Umfrage, haben mich die unterschiedlichsten Antworten erreicht, wie viele Mahlzeiten ihr über den Tag verteilt esst.

Um deinem Körper das Vertrauen wiederzugeben, möchte ich dir diese Anhaltspunkte für den Start in ein bewusstes, restriktionsfreies Essverhalten mitgeben:

  1. Iss regelmäßig. Lass keine Mahlzeiten ausfallen und versuche, nie länger als vier Stunden (zu Beginn der Recovery besser zwei bis drei Stunden) ohne Essen zu sein.
  2. Erlaube dir alle Lebensmittel zu essen, um deinem Körper zu zeigen, dass ihr in Sicherheit (Schlaraffenland^^) angekommen seid. Ausnahme: Du hast eine nachgewiesene Allergie oder ernsthafte gesundheitliche Probleme, die eine besondere Ernährung erfordern!
  3. Achte auf deine Hunger- und Sättigungssignale. Iss, wenn du moderat hungrig bist und warte nicht, bis dein Magen knurrt, du dich kaum noch konzentrieren kannst oder anfängst zu zittern.
  4. Versuche bei den Hauptmahlzeiten eine Balance aus Protein, Fett und Kohlenhydraten zu essen. Dein Körper braucht alle drei Komponenten um gut zu arbeiten und wird dadurch auch insgesamt zufriedener sein. Ein Mangel an einem oder mehreren Komponenten kann Verhaltensweisen der Essstörung triggern.
  5. Beobachte deine Sättigung und deine Zufriedenheit. Wir können große Mengen essen („Volume Food“) und trotzdem nicht zufrieden sein. Der Geschmack ist eine entscheidende Komponente, also erlaube dir, worauf du wirklich Appetit hast. „Soulfood“ ist ebenso wichtig wie „Body Food“. Außerdem ist es wichtig genug zu essen, sodass dein Körper sich angenehm voll fühlt. Du solltest dich satt und zufrieden, aber nicht physisch unwohl fühlen.
  6. Wenn du dich doch einmal übervoll fühlst, was von Zeit zu Zeit passieren kann und völlig normal ist (Weihnachtsessen, Feiern, Urlaub, …), dann sprich dir gut zu, dass dein Körper mit dieser Menge umgehen kann, denn das kann er. Im Zweifelsfall wartest du etwas länger, bis du wieder hungrig bist, aber auch nicht zu lang.
  7. Achte darauf, wie dich das, was du isst, fühlen lässt: Bist du danach energievoll oder müde, fällt dein Blutzuckerspiegel kurz darauf ab, weil du hauptsächlich zuckerhaltiges, ohne Protein gegessen hast *
  8. Genieße deine Mahlzeiten und mach es dir gemütlich. Kerzen, schönes Geschirr, Blumen und deine Lieblingsmusik sorgen für eine positive Erfahrung und nähren ebenfalls deine Seele.

* Bei mir sinkt z.B. der Blutzuckerspiegel ca. 3 Stunden nachdem ich puren Zucker (Kuchen, Eis) gegessen habe und ich werde richtig zittrig. Daher weiß ich inzwischen schon vorher, dass ich spätestens dann wieder etwas Essbares zur Hand haben sollte. Das ist jedoch kein Grund für mich auf Kuchen zu verzichten, sondern einfach die Möglichkeit eine bewusste Entscheidung für meinen nächsten Snack/Mahlzeit zu treffen.

Diese Anhaltspunkte sollen dir als Orientierung dienen und dir die Möglichkeit geben, besser mit deinem Körper in Kontakt zu kommen. Eine Essstörung führt meist dazu, dass wir normale Körpersignale wie Hunger oder ein Sättigungsgefühl als Bedrohung wahrnehmen oder dass diese Gefühle von Angst, Stress oder gar Versagen auslösen. Versuche neugierig zu bleiben und alle Signale ohne Bewertung zu beobachten. Sie sind eine wertvolle Chance, Erkenntnisse über dich und deinen Körper zu sammeln, die dir helfen besser mit ihm in Kontakt zu kommen. Dadurch kannst du allmählich und mit etwas Übung eine gesunde, ausgeglichene Beziehung zum Essen aufzubauen (nicht zu eingeschränkt und nicht zu chaotisch).

Unterstützung deiner Verdauung mit ätherischen Ölen

Recovery ist messy und verwirrend, nicht nur für deinen Kopf, sondern auch für deinen Bauch. Ich habe während meiner Recovery vor allem die ätherische Ölmischung ZenGest genutzt, um die körperlichen Begleiterscheinungen der Essstörung zu lindern, die unter anderem durch den verlangsamten Stoffwechsel hervorgerufen wurden. Egal, ob ich mit einem Blähbauch, vorzeitigem Völlegefühl, Verstopfung oder Bauchkrämpfe gekämpft habe, ZenGest hat diese negativen Effekte der Recovery meist lindern können und mir so zusätzliches Vertrauen in den Recoveryprozess gegeben. Wenn du mehr über ätherische Öle zur Unterstützung deiner Recovery erfahren möchtest, dann klicke hier.

Gern unterstütze ich dich persönlich auf deinem Weg zu einem gesunden und freien Essverhalten. Ich freue mich von dir zu lesen.

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